Der versunkene Schatz. Das Schiffswrack von Antikythera

27.9.2015 – 27.3.2016

Vor über 2000 Jahren sank ein grosses Frachtschiff auf dem Weg von Griechenland nach Italien. An Bord hatte es wunderbare Kunstwerke und eine geheimnisvolle Zahnradmaschine. Das Wrack und seine Schätze wurden im Jahr 1900 von Schwammtauchern entdeckt und werden seither untersucht. Nun sind die Fundstücke zum ersten Mal ausserhalb von Griechenland zu sehen – im Antikenmuseum Basel.

Das Antikenmuseum Basel erzählt in der Ausstellung „Der versunkene Schatz. Das Schiffswrack von Antikythera“ die Geschichte des bedeutendsten antiken Schiffswracks, das man bisher gefunden hat. Das Wrack stammt von einem Transportschiff, das in 1. Jh. v.Chr. aus dem östlichen Mittelmeerraum unterwegs war ins römische Italien. Geladen hatte es prächtige Marmor- und Bronzestatuen, Münzen, luxuriöse Glasgefässe, Schmuck, Möbel, grosse Mengen Keramik und ein astronomisches Instrument: den sogenannten Mechanismus von Antikythera. 
Die Luxusgüter waren für die römische Aristokratie bestimmt, die ihre Gärten und Villen damit ausstaffierte. Anders als tausende von Schiffen, die im Golf von Neapel ankamen, sank das Schiff von Antikythera bei der gleichnamigen Insel zwischen Kreta und der Peloponnes um 70 v.Chr. wahrscheinlich in einem Sturm. 

Entdeckung und Erforschung des Wracks
Kurz vor Ostern 1900 entdeckten Schwammtaucher der griechischen Insel Symi vor der Küste von Antikythera in über 40 Metern Tiefe das Schiffswrack und Teile der Ladung. Als erstes brachte ein Taucher den rechten Arm einer überlebensgrossen Bronzestatue an die Oberfläche. Danach wurde das Wrack mit Hilfe der griechischen Marine mehrmals untersucht. Im Jahr 1976 stellte Jacques-Yves Cousteau, der 1953 zum Wrack getaucht war, sein Forschungsschiff Calypso zur Verfügung. Damit konnten weitere Teile der wertvollen Fracht geborgen werden. Seit Oktober 2014 führt die griechische Behörde für Unterwasserantiquitäten zusammen der amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution und mit der Unterstützung von Hublot S.A. neue Unterwasseruntersuchungen am Wrack durch. 

Die Ausstellung in Basel
Dank der guten Beziehungen zum Archäologischen Nationalmuseum in Athen ist es dem Antikenmuseum Basel unter Direktor Andrea Bignasca gelungen, die sensationellen Fundstücke von Antikythera erstmals ausserhalb von Griechenland zu präsentieren. Ergänzt werden die Originalwerke aus Griechenland mit Objekten aus bedeutenden Museen in Italien. Inszeniert hat
die Sonderschau das Studio Adeline Rispal aus Paris.

Wer die Ausstellung betritt, befindet sich am Zielort der Kunstwerke aus dem Antikythera-Wrack: im Garten einer römischen Villa am Meer – geschmückt mit Statuen aus dem östlichen Mittelmeerraum. Von dort begeben sich die Besucher auf eine Schiffsreise, entdecken die kostbare Ladung sowie Gegenstände, die der Besatzung gehörten. Schon bald kommt ein kräftiger Sturm auf. Das Publikum findet sich nun am Meeresboden wieder, wo Meisterwerke der griechischen Kunst liegen – teilweise durch das Meerwasser verwittert, teilweise wunderbar erhalten.

Den Abschluss der Ausstellung bildet eine Sektion über den so genannten Mechanismus von Antikythera. Die geheimnisumwitterte Zahnradmaschine aus Bronze ist nicht im Original in Basel zu sehen. Für eine Reise ist der Apparat, über den bis heute gerätselt wird, viel zu fragil. Das Antikenmuseum präsentiert eine Replik sowie mehrere Modelle und Videos des Mechanismus. Es handelt sich dabei um den ältesten bekannten Rechner, mit dem man sowohl kalendarische Informationen, wie auch astronomische Phänomene berechnen konnte. Wer dieses seltene und begehrte Objekt besass, konnte Sonnen- und Mondfinsternisse voraussagen und war damit seinen Mitmenschen überlegen. Ähnlich präzise und komplexe Geräte sind erst wieder aus dem Spätmittelalter bekannt.

Die mit dem Athener Nationalmuseum organisierte Ausstellung ist eine Eigenproduktion, die die kulturhistorische Neuausrichtung des Antikenmuseums Basel unter Beweis stellt. Wichtig sind dem verantwortlichen Kurator Esaù Dozio und seinen Kollegen nicht nur die Kunstwerke an sich, sondern auch die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge zur Zeit des Schiffsunglücks. Das römische Reich war zur alleinigen Weltmacht aufgestiegen. Griechenland war römische Provinz. Viele Mitglieder der römischen Oberschicht fürchteten und beklagten den Einfluss der fremden griechischen Kunst und Kultur. Gleichzeitig kauften oder raubten sie massenhaft griechische Kunstgüter für ihre Häuser und Paläste. Die grosse Nachfrage liess sich nicht mit Antiquitäten befriedigen. Viele Statuen – auch solche aus dem Wrack von Antikythera – wurden damals neu für den römischen Markt produziert. Das Schiff von Antikythera ist ein Zeugnis für einen florierenden Kunsthandel und für einen globalisierten Mittelmeerraum im 1. Jh. v.Chr.
Schale, dekoriert mit Olivenzweigen
Glass
Erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
Goldschmuck
Zargenfassung eines Ringes
Zweite Hälfte des 2. Jhs. – 1. Jh. v. Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
© Foto: Ruedi Habegger
© Szenographie: Studio Adeline Rispal
Kopf eines bärtigen Mannes (sog. Philosoph)Bronze
250 v. Chr. oder kurz danach
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
© Foto: Ruedi Habegger
© Szenographie: Studio Adeline Rispal
© Foto: Ruedi Habegger
© Szenographie: Studio Adeline Rispal
Statue eines knienden Jünglings (linke Seite korrodiert)
Parischer Marmor
Frühes 1. Jh. v. Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
Statue des Odysseus
Parischer Marmor
Vor der Mitte des 1. Jh. v. Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
Teil der Kopflehne (Fulcrum) einer Kline,dekoriert mit einem Löwenkopf.Bronze
150 – 100 v. Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
Fragmente des Mechanismus von Antikythera
Bronze
Zweite Hälfte des 2. Jhs. v.Chr.
©: K. Xenikakis, National Archaeological Museum Athens
© Foto: Ruedi Habegger
© Szenographie: Studio Adeline Rispal