Von Anfang an unterscheidet der Surrealismus nicht zwischen der poetischen Erkenntnis der Wirklichkeit und deren Verwandlung: Erkennen ist ein Akt, der das, was erkannt wird, verwandelt. Die poetische Aktivität ist wieder ein magischer Vorgang.
Der Mensch ist ein Wesen, das imaginiert, und selbst seine Vernunft ist nur eine der Formen dieses ständigen Imaginierens. Im Grunde heisst Imaginieren: über sich hinausgehen, sich projizieren, sich ständig überschreiten. Als ein Wesen, das imaginiert, weil es begehrt, ist der Mensch fähig, die ganze Welt in ein Bild seines Verlangens zu verwandeln. Und deshalb ist er ein liebendes Wesen, er sehnt sich nach einer Präsenz, die das lebendige Bild, die Verkörperung seines Traums ist. Von Verlangen getrieben, trachtet er danach, mit diesem Bild zu verschmelzen und sich seinerseits in ein Bild zu verwandeln. Ein Spiel von Spiegeln, ein Spiel von Echos, Körper, die sich unter der beständigen Sonne der Liebe unablässig auflösen und neu erschaffen.
Worauf es also ankommt, ist, uns dieser fiktiven Persönlichkeit zu entledigen, die die Welt uns aufzwingt oder die wir uns selbst geschaffen haben, um uns gegenüber der Aussenwelt zu behaupten. Das Ich erstickt uns und verbirgt uns unser wahres Sein. Das Ich negieren heisst nicht, das Sein negieren.
Der Verzicht auf die persönliche Identität impliziert nicht einen Verlust des Seins, sondern gerade seine Wiedererlangung.