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Dierk Osterloh Porträt

Wuchernde Pflanzen, stürzende Engel, maskenhafte Porträts und Landschaften im Nirgendwo in Abstufungen von gebrochenem Weiß, Oliv bis Anthrazit mit dem Spachtel bis zur physischen Erschöpfung in die Leinwand geschlagen: der Künstler Dierk Osterloh, der in der Kölner Wachsfabrik agiert, schafft ein Oeuvre, das sich jeder Kategorisierung entzieht. Landschaftsmalerei heute bedeutet mehr denn je Freiheit im Spiel mit den Formen. Wenn sich die verschiedensten Varianten der Darstellungsweisen im Medienzeitalter auch vervielfältigt haben, so gelingt es Dierk Osterloh, neue und vor allem sinnliche Bildwirklichkeiten zu entdecken.

Dem Künstler geht es in der Malerei nicht um das Zufällige, vielmehr um die Form als das eigentlich Charakteristische und Symbolische im Bild. Wie andere Maler auch nutzt Dierk Osterloh dabei natürlich die Landschaft als Freiraum zur Erkundung bildnerischer Experimente und neuer Formversuche. Intensiv erlebt er Landschaft durch zahlreiche Reisen nach Südafrika, Namibia, Jordanien und Island. Seine Landschaften zeichnen sich durch stete Umbildung aus, alles ist in diesen Prozess einbezogen. Dierk Osterloh verleiht durch seine Gestaltung einem einzigen Augenblick Dauer in Analogien zu Zeit und Raum, Ewigkeit und Vergänglichkeit. Seine Bilder sind Orte der Erinnerung und mythische Landschaften zugleich, die wir zu kennen scheinen und die uns doch fremd bleiben. Osterlohs Figuren sind Helden des Alltags, seine Landschaften ein Symbol für die gestutzte Natur, Metaphern für den Daseinskampf, für existenzielle Themen wie Tod, Einsamkeit, Selbstfindung. Der Malduktus ist geprägt durch eine Kombination aus dynamischem Wedeln und schmißhaftem Reißen des Spachtels über die Leinwand. So entsteht eine reliefgleiche Oberfläche, aus der die Figuren dem Betrachter schemenhaft entgegen treten. Zuweilen wird auch Öl auf die Leinwand geschleudert, um einschussartige Löcher zu erzielen.

Gleichberechtigt neben der Malerei setzt sich Dierk Osterloh auch mit der plastischen Umsetzung seiner Lebenswelt künstlerisch auseinander. So gelingt es dem Künstler, auf der Suche nach der Identität des Individuums, eigene Ausdrucksmittel zu finden z. B. durch die Verwendung von angeschwemmtem Holz aus dem Rhein oder Stahl-Fundstücken von einem Eisenbahn-Friedhof. Die Bedrohung des Individuums kommt durch die Umklammerung der vertikalen Stahlträger zum Ausdruck. Ihre Formensprache ist gleichsam archaisch, zeitlos, unvergänglich.

Die Formensprache von Dierk Osterloh umfasst auch grafische Arbeiten. Hierzu zählt die Neuentwicklung des Kölner Stadtwappens, das in Edelstahl am Historischen Rathaus und im Spanischen Bau realisiert wurde.

Die Einzigartigkeit von Dierk Osterloh besteht gerade darin, diesen Formenreichtum künstlerisch umzusetzen ohne Vergangenes zu reproduzieren, vielmehr ein völlig eigenständiges zeitkritisches Werk zu schaffen.

Dierk Osterloh, der 1964 in Oldenburg/ Niedersachsen geboren wurde, kam über das Studium der Rechtswissenschaften zur Bildenden Kunst. Er absolvierte eine Ausbildung zum Mediengestalter in Köln und ein Studium an der Technischen Kunstschule Hamburg. Er lebt und arbeitet in Köln.

Dr. Barbara Aust
ART HISTORY CONSULTING
Hamburg 2006

 
Dierk Osterloh
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Es ist nicht genug, hinter dem malerischen und bildhauerischen Oeuvre Dierk Osterlohs ausschließlich nach dem Schönen in der Kunst zu suchen. Zwei Kernaussagen des Künstlers geben hiervon ausreichend Kunde:
Meine Bilder „geben die inneren Seiten meines Seins wider – sind also Ausdruck meiner Seele; sowie zum bildhauerischen Werk: „Auch bei den Objekten ist meine Intention, die Grundfesten des Lebens zu berühren“.

Der Betrachter fühlt sich hier unwillkürlich, ja zwangsläufig an das „kollektive Unterbewußte“ und die „Archetypen“ C.G. Jungs erinnert. Mag Jungs Werk heute revisionsbedürftig, ja überholt sein, so fällt eine gewisse Seelenverwandtschaft hier doch ins Auge; ebenso fühlt man sich an viele Thesen des rumänischen Religionshistorikers und Mythologen Mircea Eliades erinnert.

Es ist das Tiefe, nicht selten das Abgründige der menschlichen Seele und ihrer Befindlichkeiten des Werkes Dierk Osterlohs, welches nicht nur den kunstgeschichtlich Versierten hier so ungemein anspricht. Der nach schnellem Konsum und reiner Wertsteigerung fragende Kunstkonsument wird von Osterloh nicht bedient. Nur wer mehr in Kunst sucht und sieht, ja vielleicht sogar das Überzeitliche, wird sich angesprochen fühlen MÜSSEN.

Es ist eine immer zeitlose Ästhethik hinter den Dingen, die Osterloh in ewiger Suche, ja bis zur völligen Erschöpfung hin sucht und dann auch immer wieder findet. Konsequent meidet er die seit dem Ende des 20. Jahrhunderts Platz greifende Auslotung des modernen Kunstmarkts. Hierbei ist es besonders die ausufernde und an Fastfood-Konsum erinnernde Zeitgeistbedienung, die Osterloh anderen überlässt.

Nur wer die Grundfragen menschlicher Existenz sucht und hinterfragt, kann bei Osterloh fündig werden. Seine Kunst braucht Raum im besten und tiefsten Sinne, ja will in Ruhe betrachtet sein.
Nur wer „Kunst jenseits des happenings“; fernab der so modern gewordenen `performances ́ noch zu schätzen weiß, wird hier fündig werden.
Mit tiefer Befriedigung kann sich derjenige bei Betrachtung von Dierk Osterlohs Werk wohl aufgehoben fühlen, ja zurücklehnen, der noch über ein „altes Auge“ verfügt. Hierunter will der Rezensent die schier unendliche Kenntnis der Symbolvielfalt, nicht nur der so genannten „primitiven“ Kunst, sondern auch die der prähistorischen bis frühmittelalterlichen Kunst der Alten Welt verstanden wissen, aus der Osterlohs Oeuvre schöpft. Man muss sich einlassen und hingeben WOLLEN, will man diese Art Kunst verstehen und auch genießen, ja einen philosophischen Nutzen über den Tag hinaus gewinnen. Wer hier aber sucht und findet, wird zweifelsohne feststellen, dass vieles von dem, was wir in der modernen Kunst – und damit auch auf dem Kunstmarkt! – als gegeben hinnehmen, letztendlich eine Chimäre ist.

Dr. phil. Ulf Jäger
Archäologe
Gronau-Epe und Münster/ Westfalen 2007
Weiß, Blau-Grün, Schwarz – es ist, als betrete man eine Eishöhle in der die Dramen vergangener Zeiten zu Kristallen erstarrt, hinter Glas gebannt sind; Schrunden, Risse, Klaffe, in denen die Tiefe lockt und gleichzeitig schreckt. Allein die Faszination des Inneren, Abgründigen scheint es aber nicht zu sein, was die Bilder Dierk Osterlohs ausstrahlen. Wesentlicher Moment sind vielmehr die zwischen Riß und pastos-lebendiger Stofflichkeit angesiedelten Zwischenstadien.

Der Künstler betreibt so etwas wie ? Borderlining?, als ein Grenzgänger, der die Übergänge in den Mittelpunkt des Bildgeschehens stellt. Er lädt den Betrachter ein, am Rand zu tänzeln, treibt zum Blick ins Bodenlose; der Fall ist nicht wirklich zu fürchten, denn die angrenzende Materie ist zu verbindlich, zu kompakt. Ein eigenartiger Schwebezustand mit einem Anklang von Bedrohung: es könnte ..., ja wenn ..., wäre es. Potentialität ist es, die unterkühlt ertragbar wird.

Ruhig wirken dagegen die Objekte, was zum Teil in den warmen Materialien und Farben begründet ist. Sanfte Macht liegt in den organischen Fundstücken, die in eine strenge Form integriert sind. Auch über ihnen summt diese Stille, ein Warten, kaum vernehmbares Murmeln. Archaische Gesten streng diszipliniert, ohne dabei gebrochen zu werden. Es ist, als suche Osterloh in seinen Werken jedesmal einen Ton, einen Klang, der auftritt, wenn die Dinge sich in einer bestimmten Konstellation zueinander befinden. Und der Betrachter begleitet den Künstler, wenn er denn will, auf eine Gratwanderung der Unwägbarkeiten.

Dr. Michaela Toebs
Kunstpädagogin
Köln 1999
Dunkelfarbige Pinsel- und Spachtelhiebe erobern energetisch den weißen Raum. Blau, Grün und Umbra zerfasern sich, zerrinnen, zerschneiden die lichte Fläche. Gleichzeitig durchstechen energiegeladene Lichtstrahlen die opake Stofflichkeit und beginnen sie aufzulösen. Das strahlende Weiß gräbt sich stetig in die unwägbare Finsternis. Dierk Osterlohs pastose Gemälde sind dramatische Gefüge aus aufeinander einwirkenden Kräften. Hell und Dunkel, Materie und Nichtmaterie agieren im ewigen Machtkampf der Gegensätze.

Einige Bilder erinnern an Magnetbilder, die aus unterschiedlich feinen Metallspänen zusammengesetzt scheinen. Die spannungsreichste Region bildet dabei der Grenzbereich zwischen extremer Spänendichte, d.h. dem magnetischen Zentrum und dem nichtmagnetisierten Gebiet, in dem Spänenstränge angezogen vom Magnetismus in leicht zitternder Bewegung eine unscharf wirkende Vibrationszone erschaffen.

Nichts ist statisch, berechenbar, faßbar. Alles ist von einer ungeheuren Dynamik ergriffen. Jegliche materielle Verdichtung wird von aggressiv geführtem Malduktus konterkariert, ausgekreuzt und in das Reich des Spekulativen geführt. Der Umriß bleibt stets im Diffusen.

In den meisten Arbeiten entwickelt sich die Materie prozeßhaft aus dem Nichts – formt oder entformt sich und den sie umgebenden dreidimensionalen Raum wie eine kinetische Plastik. Malschicht um Malschicht entstehen plastische Gebilde. die vielfach organische Formen aufweisen: Äste, Baumstümpfe, Insekten und Pflanzen.

Seit einem Aufenthalt im Nationalpark „Richtersveld“ in Südafrika nahe der Grenze zu Namibia sind die geometrisch gewachsenen Aloengewächse ein fesselndes Motiv für den Künstler geworden. Die blaugrüne, am Boden aufliegende, große Blattrosette aus lanzettförmigen, dornig gezähnten Blättern entwickelt hohe trichterförmige Blüten in einer Rispe. Dierk Osterloh stellt sie dem Betrachter entweder fast lebensgroß auf seinen 2 m x 1,40 m großen Leinwänden vor oder erfaßt sie im Detail. Seine fiebrig-vibrierende Malweise erinnert bei dieser in den Tropen und Subtropen ansässigen Pflanze an flirrende Hitze. Einzig irritierender Bestandteil in diesem Gemälde bildet die Farbigkeit, die an kalte Polarregionen oder an eine überbelichtete, unscharfe Fotografie denken läßt. Auch in der gegenständlich gehaltenen Malerei schwingt das Element des Irrealen, nicht Faßbaren und somit Mehrdeutigen mit.

Die Farbe setzt der Künstler gezielt in reduzierter Form ein. Der dominierende Hell- Dunkel- Kontrast soll dem Betrachter zunächst ins Auge fallen, bevor er auf den zweiten Blick dezent eingesetzte Farbmischungen oder kontrastreiche Farbsprenkel entdeckt. Die zunächst puristisch wirkenden Werke entpuppen sich bei eingehender Betrachtung als vielschichtiges und vielsichtiges Farbgespinst, das letztendlich Grundfeste des Lebens und Seins berührt: das Werden, das Wachsen und das Vergehen.

Dr. Christiane Braun
Kunsthistorikerin (MA)
Oldenburg 1999