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Günter Limburg Biografie

Günter Limburg, Maler, Zeichner und Bildhauer aus Köln

Günter Limburg

Warum eigentlich wird jemand Maler und nicht Dichter? Und warum malt er gerade so und nicht anders? Ebenso berechtigte wie letztlich unbeantwortbare Fragen, will man sich nicht in den Tiefen psychologischer Spekulationen vertiefen. Und doch lassen sich manchmal die ein oder anderen Ansatzpunkte finden, die den Betrachter das Werk eines Künstlers besser verstehen lassen.

Zum Beispiel bei Günter Limburg, 1960 in Kall geboren und dort aufgewachsen, einem Eifelstädtchen, das man wohl kaum mit bildender Kunst in Verbindung bringt. Dort war es sein Kunstlehrer György Asvany, der in seinem Schüler das Gefühl dafür weckte, daß Zeichnen und Malen helfen kann, Gefühle auszudrücken, helfen kann, Gedanken zu ordnen. Der Gedanke, Maler zu werden, Kunst zu studieren, setzte sich fest - und noch als Schüler bewarb er sich an der Fachhochschule für Kunst und Design in Köln. Dort war es der Tscheche Pravoslav Sovak, der Limburg unter seine Fittiche nahm. Ein Professor, der bei seinen Studenten nicht weniger Wert auf die geistige Auseinandersetzung mit der Kunst und der eigenen Persönlichkeit legte wie auf die Verfeinerung des zeichnerischen Könnens.

Phantasie und Spontaneität ist die eine Seite der Kunst. Die andere das konzentrierte, planvolle Arbeiten. In sogenannten „Monatsprojekten“ sucht Limburg systematisch die Antworten auf selbstgestellte Fragen, die Herausforderung in unbekannten Gebieten. Zwingt sich zur Auseinandersetzung mit neuen Materialien, erforscht die Möglichkeiten des Linolschnitts, beschränkt sich im Gebrauch weniger Farben wie z.B. Erd-oder Grautöne, testet als Maler durch „geplante Experimente“ die dritte Dimension in der Skulptur. „Malerei entwickelt sich in einer Schlängellinie. Vieles von dem, was ich bei meinen Experimenten erfahre, kann ich später einsetzen“, beschreibt er seine Erfahrungen. Und Kunst ist nun einmal - das vergessen viele Künstler heute - harte Arbeit.

Warum malt Limburg nun gerade so, daß seine Bilder mit ihren zackigen Formen den Betrachter an die der deutschen Expressionisten erinnern? Ein Vergleich im übrigen, den der Maler selber - und das zu recht - keineswegs als ehrrührig empfindet. Da sind zum einen die leuchtenden Blautöne, die ihn bei Kandinsky oder Münter so faszinieren. Vielleicht ist es auch das ähnliche politische und soziologische Umfeld, das von einem Verfall gemeinsamer Wertevorstellungen geprägt ist. Vielleicht gibt es aber auch auf die Frage des „Warum so?“ eine ganz einfache Antwort. Limburg: „Bei den eher unfreiwilligen Kirchgängen in meiner Kindheit - überlagert mit dem bedrohlichen, der liebe Gott sieht alles, - waren die Kirchenfenster mit ihren Bleiverglasungen buchstäblich mein Ausweg.“ Die meist schwarzen Linien der Bleiverglasungen finden sich nicht ganz überraschend in seinen Werken wieder.

Spontan und schnell beginnt Limburg, wenn die Leinwand auf der Staffelei steht. Wilde willkürliche Striche mit dem Pinsel, der Ölkreide oder dem Kohlestift. Farben, nach einem unerklärlichen Muster ausgewählt. Erst nach und nach schält sich das Motiv, die Geschichte heraus. Harte Hell-Dunkel-Kontraste sind eher die Ausnahme. Unterschiedlich die Behandlung der einzelnen Flächen: Mal „glatt“, kräftig und eintönig, mal weich moduliert und mit zarten Strukturen versehen. Ihre meist ruhigen und warmen Farben stehen dabei oft im Gegensatz zur gespannten Form, zum aufrührenden Inhalt. Abstraktion ist das Mittel, die emotionalen Elemente zu bändigen, sie wortwörtlich in eine kontrollierte und kontrollierbare Form zu bringen. Die heute selten gewordene Zeichenschulung ist unverkennbar.
Stilleben malt er, zur „Entspannung“ auch Landschaften. Vor allem aber malt er Menschen. Die Geschichte zwischenmenschlicher Beziehungen, ihr Entstehen und Vergehen, ihn reizt die Spannung zwischen Harmonie und Dissonanz, das Ausprobieren anderer Maßstäbe - durchaus mit autobiografischen Bezügen und der Gefahr, eigene alte Wunden aufzureißen. Der Akt des Malens ist dabei - eng verbunden mit der formalen Auseinandersetzung - der Versuch, die Hintergründe der dargestellten Geschichte zu verstehen. Einfache Lösungen gibt es dabei nicht. Das zeigen auch die Bilder, die - dem ersten Augenschein zum Trotz - alles andere als klar sind. Da überschneiden sich die Formen zu einem Labyrinth der Vielschichtigkeit. Verschließen sich dem Erkennen bisweilen wie Vexierbilder Die Farben, meist in einer gedämpften Tonigkeit gehalten, gehen ineinander über, akzentuieren, wo man es nicht erwartet. Die Perspektiven scheinen sich zu widersprechen und erzeugen verwirrende Räume. Deformation wechselt mit Übersteigerung. Symbolisches, das erst entschlüsselt werden muß, steht neben direkt verständlichem. Realität und Unbewußtes verschmelzen zu surrealen Bildsituationen.

Limburg malt Geschichten, die von zerrissenen Individuen erzählen, von starken Emotionen, betrogenen Lieben, enttäuschten Träumen. Geschichten, die die Fragen nach Glauben, Tod und Ethik stellen: Was ist erlaubt? Was ist nicht erlaubt? Limburg läßt den Betrachter an diesem Findungsprozeß teilhaben.

Jürgen Schön,
Köln, April 1997