English versiongeboren 1940, wuchs in Münsingen im Aaretal (Schweiz) auf. Von dessen Landschaft erklärt er sich geprägt: Seine ersten zahllosen Versuche, die Pflanzen und Tiere zeichnerisch zu begreifen, füllten bereits in seiner Schulzeit ganze Hefte.
Schon das Haus der Eltern galt als ein Ort der Besinnung auf die Natur. Der Vater des kleinen Hans war sein erster Lehrer auf dem Weg zur Kunst. Unermüdlich wanderte er mit seinem Sohn durch die geliebte Landschaft. All deren vielfältige Bewohner waren für ihn echte Freunde. Nie war er müde, die Eigenarten bis in deren geheime Einzelheiten zu beobachten. Es gab für ihn und damit für seinen Sohn keine schönere Erholung als eine solche Naturforschung aus tiefer Zuneigung.
Sehr wichtig wurden für den Schulknaben Hans Rüttimann die Feuer- und Löschweiher von Münsingen. Hier zog er sich oft Tag um Tag für Stunden zurück und beobachtete die kleine Welt, die dank dem stehenden Wasser herumwimmelte: Mückenschwärme stiegen hier auf und flimmerten im Sonnenschein. Libellen tanzten unermüdlich über den Seerosen. Die Eintagsfliegen genossen ihr kurzes Dasein. Wasserläufer eilten emsig über die Oberfläche. Die Rückenschwimmer stiegen zum Luftholen empor. Der Gelbbrandkäfer zeigte seine Schönheit. Karpfen schwammen mit vornehmer Langsamkeit herum.
Das künstlerische Werk von Hans Rüttimann ist voll von Dankbarkeit für eine solche Jugend. Er erlebte damals noch ein Landschaftsparadies, in dem Menschen und Tiere in enger Beziehung, in einer natürlichen Freundschaft, zusammenlebten.
Dem Naturreich des einstigen Aaretals, in das ihn sein Vater einführte, ist Hans Rüttimann bis heute treu geblieben. "Ich habe mich in meinem Leben immer mit dem Tier zeichnerisch beschäftigt", so drückt es der Künstler selber aus. Als seinen Lieblingsaufenthalt nennt er noch immer von vielerlei Lebewesen erfüllte Landschaften oder auch zoologische Gärten wie den von ihm besonders geschätzten Tierpark Dählhölzli.
Wenn Hans Rüttimann ein Tier zeichnet oder malt, geht er mit grossem Respekt gegenüber dem Wunder Schöpfung vor. Er versucht seine Modelle sozusagen "von innen" zu begreifen; die Beweggründe ihres Verhaltens, ihre jedesmal besondere Art der Lebensäusserung, ihre Bedeutung im Zusammenspiel der Naturkräfte. Mit Fleiss, Ausdauer, Akribie studiert der Tiermaler die Anatomie seiner lebendigen Vorbilder; Gotthold Lessing würde solche Sorgfalt nennen: Die wahre Andacht für das Kleine.
Der unendliche Formenreichtum der Tierwelt ist für uns Menschen unübersehbar, und es bleibt für einen Tierdarsteller nur die Möglichkeit, sich auf einzelne Gestalten aus diesem Tierreich zu spezialisieren.
So wurde die Liebe zur Katze bei Hans Rüttimann zum Hauptthema in dessen Kunstschaffen. Für ihn bedeutet dieses Tier Schönheit, Eleganz und Geschmeidigkeit in höchster Ausprägung. Sinnlich hoch entwickelt, strahlt die Katze etwas aus, das unbegreiflich und unfassbar ist. Und dieses "Geheimnisvolle" strahlen auch Rüttimanns Bilder aus.
Manchmal begibt sich Rüttimann mit seinen Katzen auch in surreal anmutende Welten, um sie in ein äusserliches Wechselspiel mit der dort herrschenden Überwirklichkeit treten zu lassen. Die edle Katzengestalt bleibt dabei stets erhalten, wird vielmehr zu einer wahren Katzenkönigin in einem Reich des Fantastischen und Traumhaften, wo menschliche Vernunft und Logik ausser Kraft gesetzt sind.
Obige Texte entnommen aus: "Hans Rüttimann - Gouachen - Zeichnungen - Kleinplastiken", mit Erzählungen von Sergius Golowin, Schweizer Autor und Mythenforscher, Benteli Verlag Bern, 1992:
Sergius Golowin beschreibt die neun im Buch vorkommenden Tierarten als Freunde des Künstlers: Vom verborgenen Leben des Kernbeissers über die Phantasien um Freundin Katze bis zum geheimnisvollen Verhalten des Igels erkennt der Betrachter viel Vertrautes, aber auch Unbekanntes.
Sergius Golowin (1930 – 2006), Sohn einer Bernburger Dichterin und eines russischen Bildhauers, ist im damals noch romantischen Berner Stadtquartier Mattenhof aufgewachsen. Die Hauptanreger seiner späteren Arbeit waren seine Eltern und Grosseltern, die alle die volkstümlichen Überlieferungen liebten, sammelten und weitererzählten. Er erlernte in Bern und Burgdorf den Beruf des Bibliothekars, vor allem heimat- und volkskundlicher Richtung. Später lebte Golowin als freier Schriftsteller und gefragter Redner inmitten eines Naturparadieses in Allmendingen im Aaretal. Golowin veröffentlichte über 100 Bücher, darunter das 1989 im Goldmann Verlag München erschienene Werk „Göttin Katze. Das magische Tier an unserer Seite“.
Über Jahrzehnte trafen sich Golowin und Rüttimann regelmässig in Berner Beizen (Kneipen), um über Gott und die Welt zu plaudern. Rüttimann war fasziniert vom unerschöpflichen Wissen Golowins, der auch ein grosser Tierkenner und Naturbeobachter war. Es entstand bald eine Freundschaft zwischen den beiden, wobei Golowin inspirierend auf Rüttimanns künstlerisches Schaffen wirkte. So lag es auf der Hand, den Gedankenaustausch der beiden über die uns fremde Welt der Tiere in das Buch über Hans Rüttimanns Werk einfliessen zu lassen.
Man findet das Buch im Internet, so auch unter
www.zvab.com. Zudem sind beim Künstler letzte, unbenutzte Exemplare erhältlich.