Victor Vasarely – Die Wiederentdeckung des Malers

27. Februar bis 18. Mai 2014

Eine Kooperation mit dem Musée d’Ixelles, Brüssel, Belgien und EMMA – Espoo Museum
of Modern Art, Espoo, Finnland

kuratiert von Serge Lemoine

Das Museum Haus Konstruktiv freut sich, die langersehnte Ausstellung «Victor Vasarely –
Die Wiederentdeckung des Malers» zeigen zu können. Die von Serge Lemoine kuratierte
Ausstellung will mit hochkarätigen Leihgaben aus bedeutenden Privatsammlungen und in-
ternational renommierten Museen das Talent eines aussergewöhnlichen Malers aufzeigen,
dessen Werk in den letzten Jahren zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist.

Vasarely, geboren 1906 im ungarischen Pécs (gest. 1997 in Paris) experimentierte bereits
während seines Studiums an der Kunstschule Mühely, dem sogenannten Budapester Bau-
haus, mit räumlichen Effekten. Nach seiner Übersiedlung nach Paris im Jahr 1930 arbeite-
te er als Werbegrafiker und begann gleichzeitig mit der Ausformulierung seiner künstleri-
schen Formensprache. Als Zeitgenosse der Zürcher Konkreten Max Bill, Richard Paul Lohse,
Camille Graeser und Verena Loewensberg stand Vasarely deren Kunstauffassung nahe.
Am Ende der 1940er Jahre schlug Vasarely jedoch einen anderen Weg ein. Serge Lemoine
schreibt dazu, dass Vasarely «der Komposition den Vorzug gab, den Beziehungen und Kon-
trasten, dem Spiel der Farbtöne, und integrierte mehr und mehr die Phänomene der Wahr-
nehmung in sein Schaffen».
Vasarely selbst benannte das Jahr 1947 als dasjenige, in dem er sich der Abstraktion ver-
schrieb: «Erst 1947 offenbarte sich mir das ‹Abstrakte› wirklich und wahrhaftig – als ich
erkannte, dass die reine Form-Farbe die Welt zu bedeuten vermochte.» Die Ausstellung
im Museum Haus Konstruktiv umfasst den Zeitraum von 1947 bis 1974, welcher von ver-
schiedenen Schaffensperioden gekennzeichnet ist, die zum Teil als parallel generierte
Werkprozesse betrachtet werden müssen: «Belle-Isle», «Godres-Cristal», «Denfert»,
«Schwarz-Weiss/Kinetik», «Planetarische Folklore», «Permutation», «Vonol», «Vega»,
«Hommage à l'Hexagon». Im Museum Haus Konstruktiv werden diese Schaffensphasen
in einer repräsentativen Auslegeordnung vorgestellt.

Während der Künstler in den Werkgruppen «Belle-Isle» und «Gordes-Cristal» (1947–60)
Gegenstandsmotive abstrahierte (z.B. Kieselsteine, Muscheln, Fenster und Stadtsilhouet-
ten im Gegenlicht), interpretierte er in den «Denfert »-Arbeiten (1947–58) die feinen, ab-
strakten Krakelüren der Kacheln in der Metrostation Denfert-Rochereau als eine Art Land-
schaft.

Die Zeitspanne 1951–54 gilt als jene, in der sich der Künstler ausschliesslich mit Schwarz-
Weiss-Kompositionen beschäftigte und in der zugleich seine ersten «kinetischen Tiefenbil-
der» entstanden: übereinander montierte Plexiglasscheiben mit schwarz-weissen Kompo-
sitionen, die spezifische räumliche Wirkungen erzeugen. Während die «kinetischen Tiefen-
bilder» eine reale Bewegung des Betrachters animieren, sind die zweidimensionalen struk-
turellen Überlagerungen für die Aktivierung des Sehprozesses und eine generelle Verun-
sicherung der Perzeption entwickelt. Bei Letzteren ist das Bewegungsmoment vor allem
virtueller Natur.

Die Tendenz zum Zweidimensionalen fand in den Bildern der Periode «Planetarische Folklo-
re» und den aus «plastischen Einheiten» zusammengesetzten Kompositionen der 60er Jah-
re eine konsequente Fortführung. Im Jahr 1959 liess sich Vasarely das System «unités plas-
tiques» patentieren, ein System das die Basis nahezu unbegrenzter formaler und farblicher
Variationen bildet. Hierfür stanzte er aus einem farbigen Quadrat runde, ovale, quadratische,
röhrenförmige oder dreieckige Formen und montierte in die Ausstanzung ein jeweils kontrast-
farbiges Äquivalent. Mittels Permutation von Farben und Formen kreierte er so eine unend-
liche Vielfalt an formalen Kombinationen, die dazu dienen sollten, die Netzhaut «in Schwing-
ungen zu versetzen» (Vasarely). Dieses «plastische Alphabet » entspricht einer Vorstellung
von Kunst, bei der nicht die künstlerische Handschrift im Vordergrund steht, sondern die Tren-
nung zwischen Idee und praktischer Ausführung. Die Idee vom Original hinterfragte Vasarely
insofern, als er die Ausführung seiner Werke seinen Mitarbeitern überliess und sich auf die
Überwachung des Entstehungsprozesses konzentrierte. Der Künstler selbst konzipierte das je-
weilige Werk als Prototyp («Ausgangs- Prototyp»), der seriell vervielfältigt werden konnte und
eine Umsetzung als Gemälde, Serigrafie, Relief, Skulptur oder dreidimensionales Objekt ermög-
lichte. Vor diesem Hintergrund kann Victor Vasarely, der als Schlüsselfigur der Op Art in der
Kunstgeschichte seinen festen Platz eingenommen hat, durchaus auch als Vorläufer der Kon-
zeptkunst betrachtet werden.

Vasarelys Karriere erreichte ihren Höhepunkt in den 1970er Jahren. Die enorme Nachfrage
nach seinen Werken bediente der Künstler nicht zuletzt mittels Editionen und Multiples. Die
damit einhergehenden Diskussionen um Aura, Echtheit und Wert eines Kunstwerkes markier-
ten den Anfang seines Karriereendes. Paradoxerweise legte eben jene konzeptuell bestimmte
Abschaffung der handwerklichen Autorenschaft dafür den Grundstein.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache im Verlag Silvana
Editoriale, Mailand. Mit Texten von Serge Lemoine, Domitille d’Orgeval und Interviews von
Serge Lemoine mit Julio Le Parc, Vincent Baby mit Vera Molnar und Marianne Le Pommeré
mit Francois Morellet. CHF 56,–
Victor Vasarely - Die Wiederentdeckung des Malers
Ausstellungsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2014
Foto: Stefan Altenburger
Victor Vasarely - Die Wiederentdeckung des Malers
Ausstellungsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2014
Foto: Stefan Altenburger
Victor Vasarely - Die Wiederentdeckung des Malers
Ausstellungsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2014
Foto: Stefan Altenburger
Victor Vasarely - Die Wiederentdeckung des Malers
Ausstellungsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2014
Foto: Stefan Altenburger