Peter Regli, "White Horse Dream"
29. Oktober 2011 - 8. Januar 2012
Eröffnung: Fr, 28. Okt., 18 Uhr
Öffentliche Führungen: Di, 1. Nov. 18 Uhr und So, 18. Dez., 15 Uhr
Kunst über Mittag: Do, 1. Dez., 12 Uhr
Peter Regli vereint in seiner künstlerischen Praxis grosse Gesten mit
poetischen Ansätzen. Bekannt geworden durch seine temporären Inter-
ventionen im öffentlichen Raum unter dem Label Reality Hacking ver-
wendet er sowohl die Landschaft als auch alltägliche Objekte, um her-
kömmliche Konzepte von Realität auf den Kopf zu stellen. Scharfe Beo-
bachtungsgabe und verblüffender Witz charakterisieren seine Plastiken,
Fotografien und räumlichen Installationen.
Vermehrt hat sich Peter Regli in den letzten Jahren auch für den mu-
sealen Kontext als Heimat für die Kunst interessiert. Nach seinen Ein-
zelpräsentationen im Helmhaus Zürich (2007) und im Bellpark Kriens
(2010) realisiert der Urner Künstler mit amerikanischem Pass in der
Kunst Halle Sankt Gallen eine Ausstellung, die sich explizit mit den
Vereinigten Staaten auseinandersetzt. Diese Nation weckt neben den
unterschiedlichsten Assoziationen – von Freiheitstraum über Wilder
Westen bis imperialistische Weltmacht – wie keine andere Sehnsucht,
Ohnmacht und Rage gleichermassen und fungiert hier als konzeptuelle,
ästhetische und emotionale Vorlage.
Auf hintergründige und spielerische Weise beschäftigt sich Regli in
«White Horse Dream» mit US-Symbolen wie der amerikanischen Flag-
ge, der Dollarnote oder dem Cowboyfilm und berührt damit Themen
wie Patriotismus, Kapitalismus oder Moralvorstellungen. Dabei wagt
er die zweifache Gratwanderung, sich weder Klischees zu bedienen,
noch eine Wertung abzugeben.
Emblematisch für die Vielschichtig- und Widersprüchlichkeit US-Ame-
rikas ist die neue Videoarbeit RH_No_289, 2011 (Searching Riders),
in der die ganze thematische Spannbreite der Ausstellung sichtbar
wird: Regli überlagerte den Western-Klassiker The Searchers (1956),
in dem einmal mehr das Gute über das Böse siegt und der als Sym-
bolfilm der konservativen McCarthy-Ära gilt, und den New-Hollywood-
Kultfilm Easy Rider (1969), der einerseits den Mythos des Landes der
unendlichen Möglichkeiten und grenzenlosen Freiheit dekonstruierte,
gleichzeitig aber doch den Glauben daran aufrecht erhielt.
Verfremdung und Irritation ziehen sich weiter durch «White Horse
Dream»: Was befindet sich in der ominösen, länglichen Kiste, die
ausser Reichweite unter der Decke des Ausstellungsraums auf einer
Planke liegt? Diese wird nicht nur zum Objekt der Begierde, sondern
gleichzeitig zum Ausgangspunkt für Spekulationen und spricht damit
ein allgegenwärtiges Thema der USA an: Verschwörungstheorien.
Mysteriös ist auch der an eine Säule gekettete Stein: welche irratio-
nalen Ängste und Projektionen waren Auslöser, ihn in Ketten zu le-
gen?
Mit den für die Kunst Halle neu produzierten Arbeiten und Fundstü-
cken aus seinem frühen Schaffen zeichnet Peter Regli ein Bild von
Amerika, das trotz Wildwest-Ästhetik und fiktionalen Elementen die
Realitätsnähe nie verliert und der Dringlichkeit der Aktualität nach-
geht. Ob ihm dabei die erwähnte doppelte Gratwanderung gelingt,
wird die Gemüter spalten und «White Horse Dream» zu einer pola-
risierenden Ausstellung machen.
Biographische Angaben
Peter Regli (*1959, Andermatt, lebt in Zürich) studierte an der Zür-
cher Hochschule der Künste. Einzelausstellungen fanden u.a. in fol-
genden Institutionen und Galerien statt: Museum Bellpark, Kriens
(CH); Katz Contemporary, Zürich; CAN, Neuchâtel (CH) (2010);
Helmhaus Zürich (2007); Blank Projects, Cape Town (Südafrika)
(2006); Centre d’art contemporain, Genf; Kunsthalle Winterthur
(2003). Des weiteren war er an diversen Gruppenausstellungen
beteiligt, darunter: Utopics, 11. Schweizerische Plastikausstellung,
Biel (2009); Nanjing Triennale (CN) (2008); Le Crédac, Ivry S/Seine
(F) (2007); Kunsthaus Zürich (2006); Museo de Arte Contemporáneo,
Santiago de Chile; Kunsthalle Zürich; Künstlerhaus Dortmund (D)
(2005); Centre Culturel Suisse, Paris (2003); Museum of Modern
Art, New York (2002). www.realityhacking.com
Ausstellungsansicht, Peter Regli, RH 289, Tribute to Joe Hill,
RH 289, Rolling Thunder, RH 289, The President's Secret
und RH 289, Untitled, 2011
Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Niklaus Spoerri
Ausstellungsansicht, Peter Regli, RH 289, Tribute to Joe Hill
und RH 289, Rolling Thunder, 2011
Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Niklaus Spoerri
Ausstellungsansicht, Peter Regli, RH 289, Rolling Thunder,
2011, RH 167, One – In God We Trust, 1998,
RH 289, Untitled und RH 289, The President's Secret, 2011
Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Niklaus Spoerri
Ausstellungsansicht, Peter Regli
Photos: Kunst Halle Sankt Gallen, Niklaus Spoerri