Sylvia Sleigh
6. Oktober – 2. Dezember 2012
Mit einem Ausstellungsdesign von Martin Leuthold
(Art Director, Jakob Schlaepfer, St. Gallen)
Eröffnung: Freitag, 5. Oktober 2012, 18 Uhr
Die bisher umfassendste Retrospektive der Malerin Sylvia Sleigh
(1916–2010) beinhaltet Arbeiten aus mehr als 60 Jahren künstle-
rischen Schaffens. Eine breitgefächerte Auswahl soll Sleighs Ar-
beit in ihrer Gesamtheit und Komplexität präsentieren. Neben Por-
traits werden in der Ausstellung mehrere Stillleben und Land-
schaften zu sehen sein, darunter die selten gezeigten Gemälde
von Statuen in der Parklandschaft nahe dem Kristallpalast in Lon-
don aus den 1950er Jahren.
Für die Kunst Halle Sankt Gallen ist es ungewöhnlich, die post-
hume Ausstellung einer Malerin zu zeigen, allerdings ist Sleigh
heute eine interessante Position gerade für eine jüngere Künst-
lergeneration. Darüber hinaus lässt sich die liebevolle Aufmerk-
samkeit, die Sleigh in ihren Werken Textilien und dekorativen
Details geschenkt hat, gut in den Kontext von St. Gallen und sei-
ner weltweit bekannten Textiltradition einbetten. Für das Aus-
stellungsdesign ist Martin Leuthold, der renommierte Textildesig-
ner und Art Director von Jakob Schlaepfer, St. Gallen, verant-
wortlich. Mit einer besonderen Inszenierung wird er diesen As-
pekt in Sleighs Arbeit unterstreichen und der Retrospektive den
für die Kunst Halle speziellen Projektcharakter verleihen.
Sylvia Sleigh wurde in Wales geboren und lebte seit 1961 in den Vereinigten
Staaten. Als der Feminismus in den frühen 70ern in den USA aufkam, etablier-
te sich Sleigh, die sich schon immer der Figuration gewidmet hatte, als heraus-
ragende Künstlerin, insbesondere durch das Malen von Portraits männlicher
und weiblicher Modelle – teils als Akte, teils bekleidet. Die Modelle fand sie un-
ter Schriftstellern, Schauspielern, Musikern und ihren Künstlerkollegen: So sind
ihre Gemälde auch eine eindrückliche Abbildung der dynamischen Kunstszene
der 1960er und 1970er Jahre. In ihren Portraits kombinierte sie kühne Sinnlich-
keit mit persönlichem Feminismus, der sie direkt in einen Diskurs über Macht,
Repräsentation und Gender einbindet. Dieser Diskurs, der als eine Erkundung
der grundlegenden Richtlinien der traditionellen, akademischen Malerei betrach-
tet werden sollte, bedingt auch den Bruch mit einer offenbar festgefahrenen
Machtbeziehung zwischen Künstler und Subjekt.
Obwohl Sleighs Arbeiten und ihre Motive durch einen zurückhaltenden Konser-
vatismus charakterisiert sind – da sie vorwiegend Portraits und Modellstudien
anfertigte – so beinhalten sie doch verschiedene radikale Aussagen: Sleigh
bringt ihre Akte häufig in Verbindung mit der grossen Tradition der Malerei –
zum einen in Bezug auf die andauernde Gültigkeit und Ambition der Figuration
und zum anderen als geistreiche und ironische Erinnerung an Werte, die abge-
lehnt oder in Sleighs Fall absichtlich auf den Kopf gestellt wurden (Linda Noch-
lin, Bathers, Bodies, Beauty: The Visceral Eye (2003)). Von besonderer Wichtig-
keit ist Sleighs Einsatz für eine grössere Anerkennung von Künstlerinnen und
eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation sowie ihr Engagement in den
70er Jahren für New Yorker Galerien, die von Künstlern betrieben wurden. Erst
seit Kurzem werden Sylvia Sleighs Arbeiten in eine wachsende Zahl von Ausstel-
lungen einbezogen - nicht zuletzt aus dem Grund, dass erst im letzten Jahrzehnt
grössere Ausstellungen über feministische Kunst realisiert wurden. Ein Beispiel
ist ihre Teilnahme an der einflussreichen Wanderausstellung «WACK! Art and
the Feminist Revolution» im Jahr 2007.
Die Retrospektive in der Kunst Halle Sankt Gallen ist der zweite Halt einer Wan-
derausstellung, die in Koproduktion mit dem Kunstnernes Hus, Oslo und dem
Musée d’Art Contemporain de Bordeaux CAPC entwickelt wurde. Weitere Sta-
tionen sind die Tate Liverpool und das Centro Andaluz de Arte Contemporaneo,
Sevilla.
Biografische Angaben:
Sylvia Sleigh (*1916 Llandudno, Wales/UK; †2010 New York/US) studierte
an der Brighton School of Art in Sussex, England. Einzelausstellungen fanden
u.a. in folgenden Institutionen und Galerien statt: Kunstnernes Hus, Oslo
(2012); Freymond-Guth & Co. Fine Arts, Zürich (2010); I-20 Gallery, New York
(2009/2007); The Hudson River Museum, Yonkers, New York (2006); SoHo20,
New York (2004/1999/1985/1980/1973); Milwaukee Art Museum (1990); A.I.R.
Gallery, New York (1978/1976/1975). Des Weiteren wurden ihre Werke in zahl-
reichen Gruppenausstellungen gezeigt, darunter: de Appel arts centre, Amster-
dam; Freymond-Guth & Co., Zürich (2011); MoMA PS1, New York (2010/2008);
Musée National des Beaux-Arts, Quebec (2009); A.I.R. Gallery, New York (2008/
2000/1999/1998/1997); Museum of Contemporary Art, Los Angeles; National
Museum of Women in the Arts, Washington (2007); Museum of Contemporary
Art Chicago (1982); Whitney Museum of American Art, New York (1977/1974).
www.sylviasleigh.com
Martin Leuthold (*1953, Hegi-Winden, Schweiz) absolvierte eine Lehre als
Stickereientwerfer. Seit 1973 ist er als Textilgestalter beim Unternehmen Jakob
Schlaepfer in St. Gallen beschäftigt, einem international renommierten Herstel-
ler innovativer Textilien für Mode und Innendekoration. Als Mitglied der Geschäfts-
führung und Art Director der Sparte Kreation ist Leuthold seit 1989 u.a. an der
Entstehung zahlreicher neuer Verfahren zur Gestaltung von Textilien und an der
Entwicklung des Laser- und Inkjet-Verfahrens zur Bedruckung von Textilien betei-
ligt. Auch mit dem innovativen Einsatz von Metallgarnen in Textilgeweben hat sich
Leuthold einen Namen gemacht. Für sein textiles Schaffen wurde er bereits mit
dem Swiss Design Award sowie dem renommierten amerikanischen Cotton
Design Award ausgezeichnet.
Annunciation: Paul Rosano, 1975
Courtesy: Sammlung von Jeffrey und Leslie Fischer
Marianne Benedikt, 1970
Courtesy: Privatsammlung, Zürich, Schweiz
Pett Rectory Back Door, 1953
Courtesy: Nachlass von Sylvia Sleigh, New York, USA
Zinnias from My Garden, 1967
Courtesy: Privatsammlung, New York, USA
Northwestern University Group, 1977-80
Courtesy: Nachlass von Sylvia Sleigh, New York, USA
Lawrence Reclining, 1949
Courtesy: Nachlass von Sylvia Sleigh, New York, USA
Felicity Rainnie Reclining, 1972
Courtesy: Privatsammlung, New York, USA
The Crystal Palace, Sydenham: The Departure, 1957
Courtesy: Nachlass von Sylvia Sleigh, New York, USA
The Crystal Palace, Sydenham: Venus in the Grass, 1957
Courtesy: Nachlass von Sylvia Sleigh, New York, USA