Vom 6. Juni bis 14. September 2014 findet im Kunsthaus Zürich die grosse Retrospektive
der amerikanischen Künstlerin Cindy Sherman (*1954) statt. Sherman zählt zu den wich-
tigsten Vertreterinnen der inszenierten Fotografie. Sie thematisiert in ihrem Werk Fragen
von Identität, (Geschlechter)-Rollen und Körperlichkeit und bedient sich dabei fast aus-
schliesslich ihrer eigenen Person. Zum ersten Mal in Zürich zeigt das Kunsthaus eine um-
fassende Einzelausstellung dieser nach Andy Warhol bedeutendsten Künstlerin der filmi-
schen und fotografischen Selbsterforschung.
Bereits 1975 entstanden Cindy Shermans erste Werke. Diese noch vor den berühmten
«Untitled Film Stills» (1977-1980) entstandenen Fotografien produzierte die Künstlerin
bei sich zu Hause mit Selbstauslöser und thematisierte damit bereits die für ihr Schaffen
zentralen Themen von Identität und Rollenspiel. Eine Auswahl dieser frühen, bisher nur
selten gezeigten Werke wird in der Ausstellung «Cindy Sherman – Untitled Horrors» eben-
so zu sehen sein wie die neusten, monumentalen Arbeiten, die ganze Wände bedecken.
Technisch und formal lehnt sich Sherman an Charakteristika der Werbung, des Kinos
oder der klassischen Malerei an. In diesen gestalterischen Grenzen hat sie sich eine ho-
he Beweglichkeit erhalten.
DAS BEDROHLICHE IM ZENTRUM VON «UNTITLED HORRORS»
Im Mittelpunkt des vom Kunsthaus gemeinsam mit der Künstlerin zusammengestellten
Überblicks steht das Bedrohliche und Groteske. Die Retrospektive trägt den Untertitel
«Untitled Horrors». Er verweist einerseits auf die inhaltliche Ausrichtung der Schau,
spielt andererseits aber auch mit der Tatsache, dass Cindy Sherman ihre Fotos immer
mit «Untitled» bezeichnet. Die Künstlerin lässt die Lesart der Bilder offen und lädt statt-
dessen die Betrachter ein, die in den Bildern angelegten Geschichten selber zu entwic-
keln und sich einen Titel auszudenken.
INSGESAMT ÜBER 100 WERKE
Alle Schlüsselwerke aus den verschiedenen Schaffensperioden von Cindy Sherman wer-
den in der Ausstellung zu sehen sein: Ikonische Werke aus der Frühphase, wie die be-
rühmte «Untitled Film Stills»-Serie, die an Standbilder des italienischen Neorealismus
sowie an den amerikanischen Film Noir erinnern, treffen beispielsweise auf spätere Fo-
tografien der «Hollywood/Hampton Types» (2000-2002), oder die «Clowns» (2003-2004)
auf die «Sex Pictures»-Serie (1992). Diese Gegenüberstellungen zeigen, wie die Künstle-
rin über viele Jahre hinweg mit einer beeindruckenden Konsistenz grundlegende Fragen
der menschlichen Existenz thematisiert und dabei formal immer wieder neue Wege be-
schreitet. Die von Mirjam Varadinis kuratierte und in Kooperation mit dem Astrup Fearn-
ley Museet, Oslo, und dem Moderna Museet, Stockholm entstandene Präsentation folgt
keiner linear-chronologischen Hängung, sondern wird mit unerwarteten Kombinationen
einen frischen Blick auf das Schaffen dieser wichtigen Künstlerin eröffnen.
UNTITLED HORRORS AUCH ALS BUCH
Ebenso neue Wege geht auch die Publikation, die zur Ausstellung erscheint. Sie ist kein
klassischer Katalog mit kunsthistorischen Texten. Stattdessen wurden Künstler und Schrift-
steller aus Europa und den USA eingeladen, von Cindy Shermans Kunst ausgehend Texte
zu schreiben, die das Werk in Beziehung zu Literatur, Musik, Schauspiel und Film stellen.
Miranda July (Künstlerin, Schauspielerin), Lars Norén (Dramatiker, Lyriker), Sara Strids-
berg (Journalistin), Sjón (Musik-Texter, Künstler) sowie die Schriftsteller Sibylle Berg,
Karl Ove Knausgård und Kathy Acker sind mit Beiträgen in der bei Hatje Cantz erschiene-
nen Publikation (232 Seiten, 135 Abbildungen) vertreten. Das Buch ist für CHF 49.- im
Kunsthaus-Shop und im Buchhandel erhältlich.
Cindy Sherman
Untitled #146, 1985
Chromogener Farbabzug, 184.2 × 125.4 cm
Skarstedt Gallery, New York
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled Film Still #56, 1980
Silbergelatineabzug, 15.5 × 22.8 cm
Moderna Museet, Stockholm, Donation 2010 from The American Friends of the Moderna Museet Inc.
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #153, 1985
Chromogener Farbabzug, 170.8 × 125.7 cm
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #170, 1987
Chromogener Farbabzug, 179.1 x 120.7 cm
Collection Metro Pictures, New York
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #216, 1989
Chromogener Farbabzug, 221.3 × 142.5 cm
Astrup Fearnley Collection, Oslo
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #324, 1996
Chromogener Farbabzug, 146.7 × 99.1 cm
Collection Metro Pictures & Skarstedt Gallery
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #544, 2010 / 2012
Chromogener Farbabzug, 172.7 × 254 cm
Astrup Fearnley Collection, Oslo
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York.
Cindy Sherman
Untitled #549-C, 2010
Pigmentdruck auf PhotoTex, selbstklebender Stoff, Variable Grösse
© Cindy Sherman. Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York