7. September – 24. November 2013
Der Kulturherbst Winterthur hat Kunst und Wissenschaft zum Thema. Dazu leistet das
Kunstmuseum Winterthur mit der Ausstellung des Belgiers Henri Michaux (1899–1984) einen
besonderen Beitrag. Michaux ist eine der seltenen schöpferischen Persönlichkeiten, der es
gelang, unabhängig voneinander ein eigenständiges dichterisches und ein künstlerisches Werk
hervorzubringen. Sowohl in der Dichtung wie in Zeichnung und Malerei suchte Michaux Wege,
um sein inneres Erleben aufzuzeichnen und zu unbekannten Erfahrungen vorzustossen. Am
deutlichsten wurde dies in seinen Experimenten mit Meskalin und anderen halluzinogenen
Stoffen, die er mit grossem Ernst betrieb.
Sowohl Michaux’ literarisches wie sein künstlerisches Werk sind durch einen unbedingten
Willen zur Unabhängigkeit von Schulen und Stilen, durch die Auflehnung gegen jede Form von
Konvention charakterisiert. Dies gibt seinen Arbeiten ihre Frische und ihre unmittelbare Anmu-tung. Das rastlose Reisen des jungen Michaux, der Verzicht auf festen Wohnsitz und materiel-
len Komfort, die Konfrontation mit der Fremdheit ferner Länder zeugen von seinem fordern-
den Umgang mit der eigenen Existenz. Diesem Unbekannten, das sich der Sprache entzieht,
versuchte er Ausdruck zu verschaffen, um ihm auf diese Weise näherzukommen.
Das zwischen 1937 und 1984 entstandene bildnerische Werk ist äusserst vielfältig. Am Anfang
stehen leuchtend farbige Gouachen auf schwarzem Grund; in den 1940er Jahren entdeckte
Michaux das Aquarell, das ihm spontanes Malen erlaubte, und in oft mehrtägigen Sitzungen
brachte er in rascher Folge seine Visionen auf das Papier. Mit den Mouvements begann die
lange Reihe von Tuschezeichnungen, die von Ideogrammen ausging und in die grossforma-
tigen Malereien der 1960er Jahre mündete. In übersteigert schnell hingeworfenen Notaten,
die alles bewusste Können hinter sich lassen, suchte Michaux die ihn bedrängenden Erschei-
nungen zu fassen. 1955 begann er mit Meskalin zu experimentieren, und in dichten Zeich-
nungen hielt er die Erfahrungen der inneren Ueberflutung fest. Leicht machte er es sich da-
bei nicht, denn Michaux war ein mönchischer Asket, der von sich höchste Konzentration ver-
langte. Noch im hohen Alter überraschte er mit einer Folge eindringlicher kleinformatiger
Malereien.
Michaux stiess zu Lebzeiten in Deutschland und der Schweiz auf grosses Interesse; seine
Dichtungen wurden übersetzt und seine Werke von Genf über St. Gallen und München bis
Hannover verschiedentlich ausgestellt. Inzwischen verfügt auch das Kunstmuseum Winterthur
über reiche Bestände von Michaux’ bildnerischem Schaffen. Die Ausstellung zeigt eine um-
fassende Auswahl von Bildern und Zeichnungen aus schweizerischen und deutschen Samm-
lungen.
Henri Michaux
Ohne Titel, 1968
Ölfarben auf Holz
Kunstmuseum Winterthur
Henri Michaux
Ohne Titel, 1978
Tusche (Pinsel) auf Papier
Kunstmuseum Winterthur
Henri Michaux
Ohne Titel (aus Arrachements), 1968
Acrylfarben auf Papier
Kunstmuseum Winterthur
Henri Michaux
Ohne Titel, 1977
Ölfarben auf Karton
Kunstmuseum Winterthur