17. April bis 26. Juli 2015
Reduziertes Grafikdesign unter dem Namen „Swiss Style“ ist eines der weltweit erfolg-reichsten Kulturprodukte der Schweiz. Die neue Ausstellung im Schaudepot des Museum
für Gestaltung zeichnet dessen internationale Verbreitung nach und belegt seine Aktualität
durch zeitgenössische Arbeiten.
Sachlich-schlichtes Grafikdesign ist hochaktuell. Inmitten der uns umgebenden visuellen
Opulenz wirken präzis verdichtete Plakate, klar strukturiertes Buchdesign oder die syste-
matischen Zeichensysteme von Flughäfen und Untergrundbahnen geradezu spektakulär.
So ist die Nachfrage nach neuen Schriften, die einfach sind und auf dem Bildschirm gut
zu lesen, in den letzten Jahren rasant gestiegen. Mit der „Helvetica“ und der „Univers“
haben Schriftgestalter aus der Schweiz bereits ab den 1960er-Jahren die Welt erobert,
und reduzierte Gestaltung unter dem Namen „Swiss Style“ hat sich international durch-
gesetzt.
Vom Swiss Style zum International Style
Josef Müller-Brockmann, Karl Gerstner oder Armin Hofmann waren die Vaterfiguren der
richtungsweisenden Bewegung, die den „Swiss Style“ propagierte. Dieser äusserte sich in
einem abstrakten oder konstruktiven Formenrepertoire. Seine Merkmale sind ein klar struk-
turierter Text- und Bildaufbau, der Gebrauch von Schriften ohne Serifen (d.h. Buchstaben
ohne „Füsschen“) sowie generell ein Hang zu Abstraktion und Reduktion. Anstelle von
Illustrationen treten die Symbole. Der moderne „Stil“ traf in den 1960er-Jahren nicht nur
den Nerv der Zeit. Er deckte sich auch mit dem wachsenden Anspruch grosser Konzerne
und staatlicher Institutionen, rasch, universal und verständlich zu kommunizieren. Die ge-
stalterischen Aufgaben drehten sich im Wesentlichen um Fragen der Corporate Identity
von Firmen und Institutionen sowie um die Entwicklung komplexer und doch rasch und
eindeutig zu lesender Zeichensysteme für die zunehmend mobile Gesellschaft. Neben den
USA waren es vor allem Grafiker in Holland, Italien, England und Frankreich, die Anre-
gungen aus der Schweizer Grafik in ihre eigenen, lokalen Ausdrucksweisen übernahmen
und dort weiterentwickelten.
Die Ausstellung öffnet den Blickwinkel auf den internationalen Kontext des modernen
Grafikdesigns. Neben den stilprägenden Arbeiten von Gestaltern aus der Schweiz sind
wichtige Werkgruppen von Wim Crouwel, dem Doyen des internationalen Stils holländischer
Prägung zu sehen, Arbeiten Massimo Vignellis (z.B. Vorlagen für die legendäre Signaletik der
New Yorker Untergrundbahn) oder Inserate der Firma Pirelli. Exemplarisch zeigen sie auf,
wie die minimalistische Ästhetik zum „International Style“ wurde.
Talking about Swiss Style
Welche Bedeutung hat „Swiss Style“ heute? Dieser Fragestellung geht die Ausstellung in
vier Film-Interviews mit engagierten Zeitgenossen nach. Die Gespräche mit Wim Crouwel
und Lars Müller, dessen Publikationen zum Thema international wegweisend sind, sowie
den jüngeren, praktizierenden Gestalter-Büros von Experimental Jetset in Amsterdam und
Norm in Zürich bilden ein zentrales inhaltliches wie formales Element der Ausstellung. Das
Trio von Experimental Jetset nimmt den „International Style“ seit Jahren als Ausgangspunkt
für eine visuelle Gestaltung, die sich ebenso an den Konventionen der Moderne wie am kri-
tischen Geist des Punk orientiert. Das Museum für Gestaltung hat Experimental Jetset einge-
laden, mit einem Projekt direkt in die Ausstellung zu intervenieren.
Wim Crouwel, SM ─ Robert Rauschenberg, 1968
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Gredinger, Gerstner + Kutter, Audi Super 90, 1965
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Jörg Hamburger, Chum mach mit, 1962
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Massimo Vignelli, New York Subway Guide, 1972
Museum für Gestaltung Zürich, Grafiksammlung, © ZHdK
Wim Crouwel, Eugène Brands − SM, 1969
© Warren Lee, NL Graphic Design, Amsterdam
René Martinelli, CWS, 1959-1990
Museum für Gestaltung Zürich, Grafiksammlung, © ZHdK
Julia Born, Plakat zur Ausstellung „Swiss Style – Internationale Grafik“, 2015
Museum für Gestaltung Zürich, © ZHdK
Benno Wissing, Signaletik Flughafen Schiphol, Amsterdam, 1960er
© Paul Mijksenaar Archives, Amsterdam
Josef Müller-Brockmann, Überholen ...? Im Zweifel nie!, 1957
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Walter Ballmer, Olivetti Studio 45, 1969
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Atelier Ursula Hiestand, ABM, 1985
Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, © ZHdK
Jacqueline Casey, Boston Visual Artists Union, 1973
© MIT Museum, Cambridge, MA