21.4. – 18.10.2015
Im April 2014 konnte das Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut in St. Gallen, die einzigartige Kunstsammlung Mina und Josef John von letztlich rund 1000 Werken schweizerischer Outsider Art erwerben. Damit bleibt die bedeutende Sammlung dauerhaft in der Region Ostschweiz erhalten und wird für die Öffentlichkeit zugänglich.
Der Sammlungsankauf wurde ermöglicht durch Beiträge von CHF 600‘000 aus dem Lotteriefonds des Kantons St. Gallen und CHF 150‘000 der Stadt St. Gallen sowie durch Beiträge des Kantons Appenzell Ausserrhoden sowie von Stiftungen und einer Firma aus der Region.
In den vergangenen Monaten wurde die Sammlung John aufgearbeitet, inventarisiert und digitalisiert. Jetzt zeigt das Museum im Lagerhaus einen umfassenden Überblick der Sammlung John, begleitet von einer Sammlungsdokumentation.
Schon als 1988 das Museum im Lagerhaus mit der Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut in St. Gallen gegründet wurden, stand das Sammlerpaar Mina und Josef John im Zentrum des Geschehens. Damals stellten Josef und Mina John als wichtige Mitinitianten von Museum und Stiftung Werke aus ihrer Sammlung als Schenkungseinlage zur Verfügung. Grundgedanke war, den Kern ihrer Sammlung schweizerischer Outsider Art der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 2014, nahezu dreissig Jahre nach der Gründung von Stiftung und Museum, konnte nun die gesamte, in der Zwischenzeit weiter gewachsene Sammlung John in das Museum im Lagerhaus überführt und für die Zukunft gesichert werden.
In den vergangenen Monaten wurde die Sammlung John im Museum im Lagerhaus aufgearbeitet, inventarisiert und digitalisiert. Mit der Ausstellung „Die Sammlung Mina und Josef John im Museum im Lagerhaus“ wird jetzt die Sammlung John mit einer umfassenden Schau der Öffentlichkeit vorgestellt: Meisterwerke der Sammlung wie das Paradies von Emil Graf, die gigantischen Flugobjekte von Ernst Kummer, Waffen von Paul Schlotterbeck, dem „Schweizer Robillard“, Zeichnungen der international bedeutenden Alfred Leuzinger und Alois Wey, Zementplastiken von Ulrich Bleiker oder die fantastischen Musikinstrumente von Max Goldinger. Die Ausstellung zeigt die Vielseitigkeit und den Reichtum dieser einzigartigen Sammlung, die ungewöhnliche künstlerische Qualität mit der Bedeutung eines aussergewöhnlichen schweizerischen Kulturgutes verbindet.
„Wenn man Fantasie hat, muss man es auch machen, sonst ist das Leben leer.“ (Ernst Kummer)
Mit der Übergabe der Sammlung John an das Museum im Lagerhaus hat sich für das Sammlerpaar Mina und Josef John ein Lebenswerk vollendet. Vor rund sechzig Jahren hatten sie begonnen, die Kunst der „ungelernten Meister“ zu sammeln. Wie diese „bestaunt, belächelt, verkannt“ wurden, wurde anfangs auch das Sammlerpaar belächelt und verkannt. Zu dieser Zeit interessierte sich noch niemand für diese Werke, nicht einmal die Angehörigen. Josef John erinnert sich, wie selbst die Ehefrau von Jakob Greuter verständnislos fragte, warum er die Arbeiten kaufe. Josef John hat sich immer auch in der Verantwortung der Künstlerinnen und Künstler verstanden. Ihm ging es nicht allein um das Werk, sondern ebenso um eine Förderung, jemanden zu ermutigen, Materialien zu ermöglichen oder auch bei persönlichen Belangen zu helfen. So sind lebenslange Freundschaften entstanden.
Viele Künstlerinnen und Künstler hat Josef John überhaupt erst entdeckt und sind heute Klassiker der schweizerischen Naiven Kunst und Outsider Art wie Emil Graf, Alois Wey oder Heinrich Bleiker und längst auf dem Kunstmarkt vertreten. Art Brut-Künstler wie Alfred Leuzinger, Ulrich Bleiker, Hans Krüsi sind international bedeutend und gefragt. So ist Josef John besonders stolz, dass er „KünstlerInnen mit einem ganz einfachen Ausdruck wie Sophie Breitenmoser oder Hedy Huser in die Sammlung gebracht hat und sie heute auch von anderen Sammlern geschätzt werden. Solche Werke sind für mich der Ursprung dieser Art Kunst, Naive oder Outsider“. Rückblickend zieht das Sammlerpaar das Fazit: „Aber natürlich sind wir auch stolz, Hauptinitiant und Mitbegründer der Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut zu sein und damit des Museums im Lagerhaus und was es heute ist. 2006 haben wir den Anerkennungspreis der St. Gallischen Kulturstiftung erhalten für unser Lebenswerk, auch das hat uns mit Stolz erfüllt. (…) Wichtig war für uns die Bedingung, unter der wir die Sammlung weitergeben wollten. Dass die Werke zusammen bleiben, dass die Sammlung Mina und Josef John bestehen bleibt und dass sie hier in der Ostschweiz bewahrt ist. Und natürlich, dass sie betreut wird. Diese Punkte sind jetzt alle erfüllt. Persönlich ist es uns auch von Bedeutung, dass die Sammlung nun im Museum im Lagerhaus ist. Wir sind froh, befriedigt und allen Beteiligten dankbar, besonders auch für den Einsatz des Kantons St. Gallen.“
„Ich muss meine Bilder zuerst im Kopf zurecht bündeln.“ (Emil Graf)
Es war dem Museum im Lagerhaus ein Anliegen, die Sammlung Mina und Josef John in einer zweisprachigen Publikation (dt/engl) umfassend zu dokumentieren, auch dieses Werk zu „bündeln“ und jenseits einer Ausstellung öffentlich einsehbar zu machen. Damit ist ein erster Schritt zur Veröffentlichung der Museumssammlung getan. Die Grussworte von Regierungsrat Martin Klöti, des Stadtpräsidenten Thomas Scheitlin und des Stiftungspräsidenten Peter Schorer sprechen von der kulturpolitischen Leistung des Kantons und der Stadt St. Gallen, des Kantons Appenzell-Ausserrhoden sowie der unterstützenden Stiftungen und Firma der Region. Die Beiträge von Ursula Badrutt und Simone Schaufelberger-Breguet betonen die Bedeutung der Sammlung Mina und Josef John für die gesamte Ostschweiz und ausdrücklich für das Museum im Lagerhaus. Das zentrale Wort aber gebührt dem Sammlerpaar Mina und Josef John. In einem Interview reflektieren sie über die Anfänge ihres Sammelns bis hin zum Moment der Sammlungsübergabe und ihr Selbstverständnis als Sammlerpaar schweizerischer Outsider Art zu einer Zeit, als das Sammeln solcher Kunst noch lange nicht en vogue war. Ihre Pionierarbeit kann nicht genügend gewürdigt werden. Der Katalogteil stellt das OEuvre jeder Künstlerin und jedes Künstlers exemplarisch vor. Im Anhang sind sämtliche Werke der Sammlung John verzeichnet und um Künstlerporträts ergänzt.
Pietro Angelozzi (1925–2015)
«VISIONI DEL VENTESIMOSECOLO MAGIO: 1933 NEL CIELO DI ROVETINO DI ROTELLA PRV ASCOLI PICENO», undatiert
Acryl auf Plastikfolie, 49 × 91 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Emil Graf (1901–1980)
Adam und Eva, 1969
Öl auf Pavatex, 70 × 100 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Fritz Frischknecht (1893–1983)
Alpfahrt, 1972
Öl auf Holz, 32 × 74 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Heinrich Bleiker (1884–1975)
Bärengraben, 1967
Öl auf Pavatex, 70 × 79 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Paul Kupschina (1922–2008)
Mailänder Dom (mit Zeppelin), 1991
Gouache auf Papier auf Holz, 75,5 × 105,8 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Ulrich Bleiker (1914–1994)
Doppelte Alpfahrtsspirale, um 1979
Zement, armiert, 120 × 88 × 75 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Ernst Kummer (1918–2003)
Flugzeug, bemannt, undatiert
Verschiedene Materialien, 105 × 300 × 186 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Jakob Greuter(1890–1984)
Selbstporträt mit neuem Müllwagen, um 1950
Öl auf Stoff, 42 × 53 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Hans Krüsi (1920–1995)
Ohne Titel, 1981
Mischtechnik auf Karton, 80 × 110 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Max Goldinger (1908–1988)
Musikinstrument, 1979
Verschiedene Materialien, 47 × 47 × 25 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Ulrich Bleiker (1914–1994)
Muschelfrau, 1990
Zement, armiert, 129 × 52 × 57 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Heinrich Aerne (1926–2013)
Gesicht, undatiert
Aquarell auf Papier, 29,5 × 21 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Anny Boxler ( 1914–2001)
«Allerseelen-Nacht mit Widnau Kapelle» (Prozession in Widnau), 1988
Öl auf Leinwand, 54 × 65 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut
Max Goldinger (1908–1988)
Lokomotive, 1980
Verschiedene Materialien, 23 × 31 × 8 cm
© Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut