Artist Member seit 2010
59 Werke
· 10 Kommentare
Deutschland
Jahrgang 1958, deutsch-italienische Herkunft
1983-87 Studium Staatliche Kunstakademie Düsseldorf
Meisterschüler der Akademie 1987
1988-92 Reisen als Entwicklungshelfer in Asien, Westafrika und New Mexico
Seit 1993 verheiratet mit Angelika, drei Kinder
Ausbildung Kunsttherapie (APAKT HH) 1995
Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler
Als Freischaffender Künstler, Dozent und Kunstpädagoge in HH (1996-2006) und Lahr/Schwarzwald (seit 2006) tätig
Lebt und arbeitet seit 2006 in der Ortenau / BW, leitet Seminare u.Workshops seit 1994
Mail: s.wang@live.de
Fon: 07808-911 383 (privat) oder 0173-620 6638 (mobil, Atelier)
Waldrain 5, 77749 Hohberg
Atelier: Weiherstrasse 2, 77948 Friesenheim (Ortenau)
Atelierbesuche nach Absprache möglich und wllkomen.
Was treibt Sie an und wie machen Sie Ihre bildnerische Arbeit?
Ich sehe irgend etwas, was mich neugierig macht. Das kann eine angebissene Banane sein oder eine Kastanienschale, eine Distel oder eine Schnittblume, die ich dann mit dem Stift in der Hand aus der Nähe betrachte. Ich durchstreife täglich meine Umgebung mit ständiger Neugier. Manche Dinge hebe ich auf, nehme sie immer wieder zur Hand, drehe und wende sie und stelle sie in wechselnde Zusammenhänge, damit sie mir immer Neues über sich preisgeben. Das kann bei äußeren Merkmale beginnen. Letztendlich beschäftigt mich aber das Atmosphärische, etwas, was die Anmutung oder Wesensgestalt dieser Dinge ausmacht. Es gibt Augenblicke, in denen die Dinge geradezu durchsichtig werden dafür. Nach solchen Augenblicken halte ich permanent Ausschau und möchte in Kontakt damit kommen.
Oft bieten sich Analogien an. Nehmen wir z.B. ein Paar Schuhe. Zunächst ist das nur ein Paar Schuhe. Vertieft man seine Betrachtung, dann kann es auch die allegorische Darstellung einer Zweierbeziehung sein. Dann wird natürlich jedes dargestellte Detail wichtig: Weisen die Schuhe in dieselbe Richtung? Sind sie verschlissen? Was für Schuhe sind es? Ich mag zugegebener Maßen solche Betrachtungen. Darüber hinaus können Gegenstände auch Überbleibsel irgend welcher Geschehnisse sein: Wo kommen diese Schuhe her? Welche Wege haben sie hinter sich? Wohin sind sie unterwegs? Wem gehören sie? Mit so einem Paar Schuhe kann sich eine Fülle von Geschichten uns Assoziationen verbinden.
Häufig schreibe ich dsbzgl. auftauchende Gedankenfetzen direkt in die Blätter hinein, Monologe oder Dialoge mit einem fiktiven Betrachter, sogar dem Gegenstand selbst. Es kommen mir literarische Zitate und Sprüche aus Gedichten oder Märchen in den Sinn, dadaistische Wortspielereien oder ironische Anspielungen. Ich widme mmer wieder Arbeiten konkreten Personen, deren Schicksal mich in irgend einer Weise berührt hat. Aktuell z.B.die Arbeiter in Fukushima oder Anne Franck. Das ist auch eine Art Kontaktaufnahme, ich will über die bildnerische Arbeit in Kontakt treten mit Dingen und mit Personen.
In vielen Arbeiten adressiere ich deshalb Personen direkt, es sind fiktive Brief-Zeichnungen, manchmal an Künstlerkollegen gerichtet mit spaßhaften Unterton, wie etwa bei dem Blatt für Konrad Klapheck, dessen Arbeit ich übrigens sehr schätze. Es kann passieren, dass solche Notizen im weiteren Prozess wieder übermalt werden. Das stört mich nicht, weil ich auch das Versteckspiel liebe, solche Notizen dem Betrachter zu zeigen und im Weiteren wieder teilweise zu verbergen.
Auf manche Betrachter wirken solche Zeichnungen später wie Illustrationen zu noch unbekannten Geschichten. Das hat oft eine satirische Note wie z.B. beim Krähenkabarett.
Ausserdem ist da ganz einfach diese Lust am Bildnerischen, am Zeichnen und Malen, seit ich denken kann. Schon als ich vier oder fünf Jahre alt war, stand das ganz einfach fest: Zeichnen und Malen ist das, was du am liebsten machst. Und so ist es dann auch später dazu gekommen, dass ich mich beruflich in diese Richtung orientiert habe.
Verfolgen Sie irgendein Anliegen und verbinden Sie eine Botschaft mit Ihrer Arbeit?
Natürlich gibt es Themen, mit denen ich mich beschäftige, Betrachtungen, die ich immer wieder zu bestimmten Dingen oder Phänomenen anstelle.
Ein immer wiederkehrendes Thema in meinen Arbeiten sind Betrachtungen zur Zerbrechlichkeit alles Lebendigen und Schönen und was das im Einzelnen in mir auslöst. Da sind Ambivalenzen im Alltäglichen die mich interessieren und faszinieren.
Es haben mir schon Betrachter meiner Arbeiten gesagt, es sei das Sich-Einlassen auf einen Gegenstand der Betrachtung, das sich Ihnen mitgeteilt hat. Das haben sie dann mitnehmen können und ihre eigene Wahrnehmung der Umgebung hat sich dadurch spontan verändert. Das finde ich sehr wesentlich und ist mir an sich fast Botschaft genug.
Gibt es Vorbilder, an denen Sie sich orientieren? Und wer sind solche Vorbilder für Sie?
Ich habe mich entschieden von dem in der Kunstszene gängigen Innovationszwang verabschiedet, demzufolge durch Ablehnung jeglicher Tradition ständig Neues und Nie-Dagewesenes kreiert werden soll. Ich setze mich deshalb ganz bewußt mit dem auseinander, was Menschen in der Vergangenheit geleistet haben, deren bildnerische Arbeit ich besonders schätze.
Von deren Arbeit will ich lernen, stelle mich quasi auf ihre Schultern und ziehe meine persönlichen Schlüsse. Ich probiere und entwickle im Zuge dieser Auseinandersetzung mit Anderen meine eigenen Ideen. Ab und zu erlaube ich mir auch ein paar kleine Späße mit den ehrenwerten Kollegen, indem ich ihre Motive ironisch verfremde - wie z.B.die Sache mit den Schuhen von van Gogh.
Zu diesen Vorbildern zählen u.a. Meister des Barock und der Renaissance: Rembrandt, Dürer - auch wegen ihrer reformierten Spiritualität - und natürlich Michelangelo Buonarotti. Japanische Kalligraphen, Monet, in unseren Tagen etwa Hrdlicka, Horst Janssen, HAP Grieshaber... Viele andere wären noch zu nennen.
Wo immer Leute sich der Wirklichkeit zuwenden um sie zu bildnerisch zu durchdringen weckt das mein Interesse. Ich könnte dazu auch etliche Literaten und Musiker nennen, deren Haltung oder Vorgehensweise mich nachhaltig beeindruckt hat.
Nicht zuletzt ist aber nach meiner Auffassung die größte Inspiration jedes bildnerisch Tätigen der lebendige Schöpfer unserer Welt. Bei aller spürbaren Entfremdung der Schöpfung von ihrem Schöpfer ist immer noch und überall diese wirklich einzigartige und geniale Handschrift in jedem Geschöpf zu sehen und mit Ehrfurcht zu bestaunen.
Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Kunstszene? Hat der Pluralismus der Stile zu völliger Beliebigkeit, zu Richtungslosigkeit und Desorientierung geführt?
Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten finden sich in der Tat immer mehr Entertainer als wirklich bildnerisch arbeitende Leute. Selbstinszenierung und heiße Luft in Tüten sind Trumpf, Galerien und Museen hängen voll mit des Kaisers neuen Kleidern. Das liegt wohl an der Natur des Marktes und kann einen zuweilen pessimistisch stimmen. Dazu kommt, dass eine materialistisch ausgerichtete Gesellschaft in einem Kunstwerk wenig mehr als einen materiellen Wert, eine finanzielle Investition erblickt. Darüber hinaus bleibt allenfalls noch ein gewisser Dekorationswert: Dieses oder jene Bild passt oder passt nicht zu meiner Couchgarnitur.
Ich glaube, dass von den Künstlern eigentlich zu erwarten ist, dass sie die Wirklichkeit deuten und damit meine ich die Wirklichkeit, die jeden Menschen tagtäglich betrifft. Ich bin zugegebenermaßen kein Freund von eskapistischen Phantastereien, von lautstarken Provokationen oder von vordergründigem Klickibunti der sog. Neuen Medien.
Das Wort "Kunst" kommt von "künden", das englisch/französische "Art" von griechisch "artos" = Brot. Das weist für mich in eine Richtung, in der bildnerische Werke nicht programmatisch inhaltslos und selbstverliebt in die eigene Sinn-Verweigerung sind, sondern etwas "Nährendes" vermitteln wollen, etwas, was Seele und Geist des Betrachters in positiver Weise aufbaut und stärkt.
Das Alltägliche als Ort des Geheimnisses und der Offenbarung zu erleben ist das, wozu ich mich persönlich am Stärksten hingezogen fühle. - -